Endlich eigener Strom vom Sonnenbalkon

Mit einer kleinen Solaranlage am Balkon hatte Irene Kamm schon seit Jahren geliebäugelt. Aber erst mit dem Gewinn eines PV-Moduls im Fotowettbewerb von „Stuttgart knackt die 10%!“ hat sich ihr Traum vom eigenen Balkonstrom verwirklicht. Welche Hürden sie trotzdem noch überwinden musste, erzählt die frischgebackene Balkonkraftwerk-Besitzerin im Interview.

Stuttgart knackt die 10%!: Frau Kamm, Sie haben sich ja schon länger mit Photovoltaik-Anlagen am Balkon beschäftigt – was hat Sie denn so lange zögern lassen?

Irene Kamm: Genau, ich habe mich schon jahrelang mit dem Thema „Balkonkraftwerk“ beschäftigt. Vor ein paar Jahren ist das aufgeploppt und da ich als Mieterin sonst keine oder kaum Möglichkeiten zur Energiegewinnung habe, dachte ich, das wäre doch passend! Also habe ich mich umgehört, informiert, sogar Zeitungsartikel dazu gesammelt – es war gar nicht so leicht, Infos zusammenzubekommen. Und dann habe ich in der Zeitung gelesen: „Vermieter verbietet seinem Mieter das Balkonkraftwerk.“ Das war sogar hier ganz in der Nähe. Der musste die Anlage wieder abnehmen, es ging sogar vor Gericht noch weiter – sowas wollte ich mir nicht antun.

Und das hat sie dann abgeschreckt …

Richtig. Ein anderes Thema ist das Geld. Ob man 500 oder 1.000 Euro so locker anlegt – ohne zu wissen, ob oder wie es klappt – das überlegt man sich schon doppelt. Außerdem habe ich keine entsprechende Firma gefunden. Ich möchte eigentlich immer möglichst lokal einkaufen und habe deswegen hier beim Elektriker gefragt. Aber die haben alle abgewunken und gesagt: „Das lohnt sich nicht, das machen wir nicht.“ Inzwischen hat sich das plötzlich gedreht und auch der Elektroladen vor Ort hat Balkonmodule im Angebot. Da war ich wohl zu früh (lacht).

Warum wollten Sie eigentlich ein Balkonkraftwerk? Was haben Sie sich davon erwartet?

Ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass ich mit einem kleinen Balkonkraftwerk nicht die Energiewende stemmen werde. Selbst für meinen eigenen Bedarf reicht ein Balkonkraftwerk nicht aus. Aber da ich mich im Ehrenamt und auch ein bisschen auf politischer Ebene mit Klimaschutz beschäftige, war es mir wichtig, ein Zeichen zu setzen, ein paar Menschen zu inspirieren. Und mir gefällt natürlich auch die Idee: Da kommt ein bisschen Strom rein und den kann ich gleich nutzen.

Dann kam der Gewinn. Wie verlief denn der ganze Prozess bis zum funktionierenden Balkonkraftwerk?

Ich musste zunächst klären, welches Balkonkraftwerk das richtige ist. Ich wohne im zweiten Obergeschoss und sah in einem Online-Video-Tutorial die Empfehlung, ab vier oder sechs Metern Höhe ein Leichtmodul zu nehmen.

Dann musste ich – das hatte ich erst gar nicht auf dem Schirm – eine Außensteckdose installieren lassen und dafür einen Elektriker und einen Termin finden. Das hat alles wieder Wochen gedauert. Und schließlich brauchte ich noch jemanden aus meinem Freundeskreis, der mir half, das Modul aufzuhängen. Bei diesem Leichtmodul ist das aber eigentlich ganz einfach und banal. Das ist das Schöne daran. Vom Balkonmodul hier am Balkongeländer bis zur Außensteckdose geht jetzt ein Kabel entlang des Geländers, damit es keine Stolperfallen gibt.

Wie hat denn Ihr Vermieter auf Ihr Vorhaben „Balkonkraftwerk“ reagiert?

Meinem Vermieter fielen nach anfänglicher Sympathie dafür dann doch noch Fragen und Bedenken ein: Ich musste meine Haftpflichtversicherung aktualisieren und das Balkonmodul aufnehmen lassen. Außerdem musste ich ein Gutachten bringen, dass die elektrischen Leitungen hier im Haus das aushalten, meine 300 Watt (lacht)! Das war dann tatsächlich das Schwierigste, dafür einen Elektriker zu finden, der sagt: Ja, er guckt sich das an und sagt mir dann, was gemacht werden muss.

Wie lange hat das ganze Projekt denn alles in allem gedauert?

Nach dem Gewinn im Juli 2023 hatte ich in meiner Naivität gedacht: Super, dann nehme ich gleich noch die Stromernte diesen Sommer mit! Aber bis ich alle Genehmigungen beisammen und alles technisch umgesetzt hatte – bis hin zur Installation der Anlage – war es Winter. Aber nun hängt es und es tut.

Was passiert mit dem selbst produzierten Strom? Verbrauchen Sie ihn weitgehend selbst – vielleicht sogar etwas sorgloser?

Ich habe es schon gern, wenn der Strom direkt zu mir kommt und ich ihn dann direkt nutzen kann. Dafür plane ich tatsächlich ein wenig voraus. Ich schaue morgens, ob die Sonne scheint und welches Gerät ich über den Tag sowieso brauche und gleich anschließen kann. Oder ich überlege mir schon am Abend: Reicht es, wenn ich den Fahrrad-Akku erst morgen früh auflade? Ich muss natürlich aufpassen, dass ich nicht die halbvolle Spülmaschine anmache, nur weil die Sonne scheint. Aber ich denke, das passiert eigentlich nicht. Ich gehe schon seit langem sparsam mit Strom um, und das hat sich auch jetzt nicht geändert.

Speisen Sie auch Strom ins Netz?

Ich brauche – Gott sei Dank – nicht immer den ganzen selbst produzierten Strom. Deswegen geht der Rest manchmal auch in den Stromkreislauf, und dann ist er halt weg. Eine Vergütung bekommt man ja mit so einer Mini-PV-Anlage nicht.

Welche Reaktionen auf das Solarmodul gab es denn aus Ihrem Umfeld?

Meine unmittelbaren Nachbarn haben Sympathie und Interesse bekundet. Sie haben selber aber keinen Balkon und müssten nach anderen Installationsmöglichkeiten suchen. Ich hoffe, dass da noch was kommt.

Und im Bekanntenkreis?

Da gab es einhellige Begeisterung und oft auch ein „Oh, ich möchte das auch!“ Und dann viele weitere Fragen: Erzähl mir mal – wie geht das, wo bekomme ich das her? Gibt es da auch die Möglichkeit, die Lage zu verändern? Gibt es mobile Modelle? Und so weiter. Da bin ich inzwischen als Ratgeberin gefragt, auch wenn ich nicht immer passende Antworten habe.

Können Sie solche Module nun weiterempfehlen?

Auf jeden Fall – wenn es sinnvoll ist! Man muss immer prüfen, ob die Lage passt und wie der Vermieter oder die Vermieterin reagiert. Es ist ein guter Einstieg ins Thema Solarstrom, auch wenn es die eigene Wohnung oder das eigene Haus ist. Man kann damit anfangen und wird dann vielleicht den Spaß an der Sache entdecken. Ob man dann als nächstes auch das Dach bestückt, kann man sich danach immer noch überlegen.

Wie fühlt sich so ein Nachmittag auf Ihrem Balkon mit Balkonkraftwerk denn jetzt an, wenn die Sonne scheint?

Es fühlt sich super an! In der wärmeren Jahreszeit ist der Balkon eh für mich das Wohnzimmer. Es wird alles mit Pflanzen vollgestellt, und es ist natürlich schön zu wissen, dass jetzt noch der kleine Stromerzeuger dabei ist. Einen Balkon zu haben und den auch noch zur Stromgewinnung nutzen zu können, ist wunderbar. Ich finde das ganz toll.

Tipps fürs Balkonkraftwerk:

  1. Sich gut vorab informieren!

    • Was ist für genau meine Balkon-Situation geeignet und möglich: In welchem Stockwerk bzw. in welcher Höhe liegt der Balkon?
    • Wie ist er ausgerichtet bzw. in welche Himmelsrichtung zeigt er? Wird er zu sehr beschattet?
    • Wie wird das alles (auch die Befestigung) genau aussehen?
    • Ist bereits eine geeignete Außensteckdose vorhanden oder muss sie erst gelegt werden? Wie aufwendig ist das?

  2. Den Vermieter/die Vermieterin fragen und rechtzeitig einbeziehen – ohne seine/ihre Genehmigung geht es nicht. Vielleicht hat andererseits der Vermieter eine bewährte Elektro-Installations-Firma an der Hand, die er empfehlen kann?
  3. Vorab auch mit den Nachbar*innen sprechen. Handelt man sich vielleicht schlechte Stimmung im Haus ein, weil Nachbar*innen Vorbehalte/Befürchtungen haben? Wie lässt sich dem begegnen? Vielleicht gibt es aber sogar auch Gleichgesinnte und man kann gleichzeitig mehrere gleiche Balkonkraftwerke installieren! Ein einheitliches Erscheinungsbild an der Fassade ist vielen Vermieter*innen wichtig.

Noch mehr zum Thema finden Sie auf unserer Info-Seite zu Balkon-Solaranlagen.

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